Billg-Jahres-Ticket ist Ablenkungsmanöver für verfehlte Verkehrspolitik
- Attraktives Angebot muss Vorrang haben
- Land muss auch für Taktfahrplan finanziell vorsorgen
- Verkehrsverbund handelt im Auftrag des Landes und ist nicht der Verursacher
- Verkehrsverbund-Aufsichtsrat entpolitisieren
Derzeit überbietet sich die Landespolitik aus populistischen Motiven bei der Forderung nach einem billigeren Jahres-Ticket und fordert teils von den Gemeinden, von der Stadt aber auch von den Verkehrsunternehmen Zuzahlungen, um die Jahreskarte für die Stadt Salzburg auf 366 Euro zu verbilligen.
Damit setzt die Landespolitik aber den zweiten Schritt vor dem ersten. Vorrangig müsste doch die Erstellung eines Gesamtverkehrs-Konzeptes für Stadt und Land sein, Mindestbedienqualitäten festzulegen (z.B. Betriebszeiten von 5.00 bis 24.00 Uhr und eine höhere Fahrplandichte) und darauf einen attraktiven Taktfahrplan für Stadt und Land aufzusetzen, den es auch zu finanzieren gilt. Diese Vorgangsweise hat die Verkehrsplattform vor einem Jahr Landesrat Hans Mayr vorgeschlagen, leider ohne Resonanz.
Sind diese Voraussetzungen geschaffen, müssen sich Stadt und Land, auf eine Prioritätenreihung einigen und den Finanzierungsschlüssel festlegen. Sollten sich die Gebietskörperschaften politisch darauf verständigen, billigere Tickets anzubieten, dann müssen sie dafür zusätzlich aufkommen. Die Verkehrsunternehmen auch daran zu beteiligen, könnte deren Angebotsqualität verringern. Eine Finanzierung eines attraktiven Fahrplan-Angebotes muss aber Vorrang haben.
Warum die Ticketpreise in anderen Bundesländern teils niedriger sind, erklärt sich einfach aus der Tatsache, dass dort seitens der Politik mehr Geld für die Öffis ausgegeben wird, wie z.B. in Wien, wo den Verkehrsunternehmen eine Ausfallshaftung garantiert wurde, was in Salzburg nicht der Fall ist. Dafür den Verkehrsverbund zu prügeln ist unfair!
Der Verkehrsverbund ist keine autonome Gesellschaft (wie oft in den Medien kolportiert), sondern gehört dem Land, der Aufsichtsratsvorsitzende ist Landesrat Hans Mayr und ist daher auch politisch verantwortlich für die Fahrpreise. Der Verkehrsverbund ist einerseits Clearingstelle zwischen den Verkehrsunternehmen und andererseits mittlerweile aufgrund von Bruttobestellungen im Busverkehr auch zum Verkehrsunternehmen geworden. Jedwede Tariferhöhung, z.B. bei Einzelfahrten, Wochen- und Monatskarten, mindert daher den Zuschussbedarf des Landes. Wenn Landesrat Mayr ein billigeres City-Ticket einführen will, gleichzeitig aber den Tariferhöhungen zustimmt, ist es für das Land ein Null-Summen-Spiel zulasten der Stadt und der Umlandgemeinden.
Aus der Sicht der Verkehrsplattform läuft die Debatte völlig in die falsche Richtung. Qualitativer Öffentlicher Verkehr hat seinen Preis, den die Fahrgäste auch bezahlen, wenn das Angebot stimmt. In der Schweiz wird trotz höherer Tarife als in Österreich über eine weitere Erhöhung diskutiert, aufgrund der Kostensteigerungen für Ausbau, Instandhaltung und Betrieb der Öffis. Seriöse Studien zeigen auch auf, dass in erster Linie nicht der Preis, sondern das attraktive Angebot über die Nutzung von Öffis entscheidet. Wer soll eine Jahresnetzkarte um 1.411,-- Euro kaufen, wenn ein flächendeckendes Angebot nicht vorhanden ist?
Daher sind neben der Diskussion um eine vergünstigte Jahreskarte für die Kernzone auch folgende weitere Forderungen zu stellen:
1. Salzburg braucht eine Tarifreform, die den Tarifdschungel lichtet und einfache Preisstrukturen schafft, statt einzelne „Wahlzuckerl“ anzubieten.
2. Salzburg braucht ein attraktives Gesamtverkehrs-Konzept, das von Stadt, Land und Umlandgemeinden getragen und beschlossen wird, und in Stufen umgesetzt wird. Dazu wird es notwendig sein, auch Finanzmittel zur einer markanten Angebotsverbesserung zur Verfügung zu stellen.
3. Soll der der Salzburger Verkehrsverbund die Schaltstelle im Öffentlichen Verkehr sein, muss er in die Lage versetzt werden, fachliche Entscheidungen autonom zu treffen und darf nicht politisch gegängelt werden - Konsequenz daraus wäre, dass der Aufsichtsrat mit Expert/-innen statt Politikern besetzt wird.
Die Verkehrsplattform sieht im „City-Ticket“ ein Ablenkungsmanöver, um ein politisch verfehlte Verkehrspolitik zu kaschieren. Die Verkehrspolitik fordert die politisch Verantwortlichen von Stadt und Land auf, sich bei einem Runden Tisch darüber zu verständigen, mit welchen Maßnahmen sich der Modal-Split (Anteil des ÖV am Gesamtverkehr) signifikant erhöhen lässt. Völlig unsinnig ist es, den Verkehrsverbund zum Sündenbock für verkehrspolitischen Versäumnisse zu machen.
Entäuschend dabei ist, dass es die neue Landesregierung nicht schafft, konsual mit der Stadtregierung vorzugehen, sondern wieder den Weg des öffentlichen „Ausrichtens, was der andere zu tun hat“ wählt. In der Regierungserklärung hat das ganz anders geklungen! Den Weg, der der bekannte Verkehrsexperte Günther Penetzdorfer vorgeschlagen hat, nämlich durch Musterkorridore zwischen Stadt und Umland eine echte Alternative zum Auto zu entwickeln, sollte endlich begangen werden!
Für die Verkehrsplattform:
Peter Haibach